Donnerstag, 30. Oktober 2014

Statistiken und Co.

Ich beschäftige mich ja ganz gerne mit Statistiken und Zahlen. Während der Warteschleife der ICSI bricht bei vielen, so auch bei mir, das Google Fieber wieder aus. Während man in der ersten Zyklushälfte relativ locker und zuversichtlich war, ständig zur Kontrolle musste und sich deswegen per se sehr viel mit dem Thema beschäftigt hat, herrscht nach dem Transfer so etwas wie Leere. Toll, würde der Mann sagen, endlich mal Entspannung, keine Termine, jetzt einfach ein bißchen warten. 

Einfach - ein bißchen - warten.
In Zusammenhang mit einer Kinderwunschbehandlung sind diese 3 Satzteile für mich so wie

Einfach - links - liegenlassen.
- Süßigkeiten

Einfach - mal - pausieren.
- Laufen

Einfach - nicht - gucken.
- The Voice of Germany

Einfach - keine - Gedanken machen.
- Arbeit

Ich denke man versteht den Punkt. Einfach ein bißchen warten, das geht nicht. Denn dann müsste man ja irgendwie versuchen, das Thema zu verdrängen, die Gedanken auf andere Themen zu verlagern und ganz normal den Alltag zu meistern. Ich hatte es mir wirklich fest vorgenommen (genauso, wie NICHT vor dem Bluttest zu testen). 
Aber es ging nicht. Ich habe von zu Hause gearbeitet und immer wieder erwischte ich mich, wie ich ein Schlagwort bei Google eingab und mich durch nichtssagende Foren forstete. Eigentlich weiß man ja, dass 50% von dem dort Gesagten nicht richtig, Halbwahrheiten oder Einzelfälle sind. Aber trotzdem fand ich es wertstiftend, mir die Geschichten durchzulesen, Antworten auf Fragen zu verfolgen und vielleicht das ein oder andere Wissenswerte für mich daraus zu ziehen. Gelernt habe ich nicht wirklich was, denn die Aussagen sind manchmal komplett konträr. Am unbefriedigensten fand ich, wenn die Fragestellerin ("kann ich trotz Schmierblutungen schwanger sein?", "Ich habe einige Anzeichen, bin ich schwanger?", "es zwickt auf der rechten Seite, habe ich eine Eileiterschwangerschaft?") das Mysterium nicht auflöste. Da antworten 20 Leute auf den Post, machen sich Sorgen, fachsimpeln und dann ... Stille. Keine Antwort, keine Auflösung. Wie soll man denn jetzt wissen, was die Lösung ist wenn es um einen selber geht? Und genau das ist der Punkt. Ich habe es schon so oft gelesen und eigentlich weiß man es auch: Foren sind keine Lösung und sie geben einem auch keine. Zumindest nicht, wenn man nach Fakten sucht. Natürlich sind Foren prima, wenn man Ablenkung braucht, sich mit anderen austauschen, seine Geschichte teilen und mit anderen leiden / sich freuen möchte. Aber nein, Lösungen im Sinne von "nun weiß ich endlich, ob meine 2 Sekunden anhaltende Übelkeit ein Schwangerschaftsanzeichen ist", das bekommt man nicht. Und das ist auch gar nicht schlimm, aber man (zumindest ich) braucht eine Weile, damit einem das klar wird. Und damit man Foren zielgerichtet als eine Art Zeitvertreib nutzt und sich nicht klare Aussagen und Lösungshilfe erwartet. 

Was mir geholfen hat, sind Artikel in diesen Foren, die von den Betreibern geschrieben werden. Die sind meist etwas distanzierter und zeigen verschiedene Möglichkeiten auf. Immer mit dem Ende: Fragen Sie Ihren Arzt. Letztendlich muss man das nämlich, aber zumindest hat man ein paar Ansätze für Fragen mit auf den Weg bekommen. 

Und was ich ultimativ hilfreich fand, um wieder auf den Boden der Tatsachen zu kommen, war das hier: Das deutsche IVF Register. Hierhin berichtet die meisten Kinderwunschzentren in Deutschland und daraus wird ein Jahrbuch gemacht. Aufgesplittet nach verschiedenen Behandlungsmethoden, Alter der Patientinnen etc. kann man sich die Erfolgsraten für das jeweilige Jahr ansehen. Damit habe ich bestimmt eine Stunde verbracht, weil ich es wirklich informativ fand. Hier wird wieder deutlich, wie hoch die Erfolgschancen wirklich sind und was so alles nicht klappt (angefangen bei der nicht stattgefunden Punktion bis hin zur Fehlgeburt). Ich kann nur für mich sprechen, aber nachdem ich das durchgearbeitet hatte, ging es mir besser. Keine Einzelfälle, keine Meinungen, Ängste und Hoffnungen. Einfach nur Fakten, die mir unsere Wahrscheinlichkeit um die 30% verdeutlichten. Danach klappte ich den Laptop zu und atmete durch. Ich möchte nicht sagen, dass ich danach nie wieder in Foren war, aber das hatte andere Gründe (was ist eine Eileiterschwangerschaft?). 

Und zum Abschluss noch ein Wort zu Blogs: Das ist für mich etwas Anderes. Hier erzählt man seine Geschichte und schreibt sie für sich und andere, die es interessiert auf. Für mich sind das ähnliche Geschichten wie meine und ich finde es einfach schön, sie mitverfolgen zu können, da man das im Alltag nicht unmittelbar kann. Ich kenne niemanden in meinem engeren Bekanntenkreis, der gerade das selbe erlebt wie ich oder es erlebt hat (zumindest hat noch niemand darüber gesprochen). Und deswegen sind Blogs für mich keine Anlaufstelle, wenn ich eine konkrete Frage habe, sondern eher ein Ort, wo man mit anderen mitfiebert, Mut zuspricht und das Gefühl der Gemeinschaft hat. Man kann seine Gedanken ungehemmt niederschreiben und das tut gut.



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