Freitag, 12. Dezember 2014

Wenn man sich doch irgendwie verändert

Bei mir ist gerade noch nicht wirklich wieder was vom Kinderwunsch zu berichten. Ich hoffe, dass noch vor Weihnachten ein Transfer stattfinden kann mit kryo konservierten Eizellen im Vorkernstadium. So ist glaube ich der korrekte Ausdruck. Mein Körper scheint laut der Ärztin gerade etwas langsamer zu machen als sonst, an ZT 10 war gestern noch nicht viel zu sehen. Sie geht davon aus, dass der Eisprung sich ein paar Tage verzögert. Ich sag mal, so lange er denn stattfindet und die Gebärmutterschleimhaut sich artig aufbaut, kann ich warten. Und da sind wir beim Thema dieses Beitrags. Ich kann eigentlich überhaupt nicht warten. Ich finde Warten etwas sehr unnötiges. Ich mag Effizienz, zack zack zack, am besten alles auf einmal. Deswegen geht bei mir auch oft was kaputt und der Mann bezeichnet mich gerne als kleinen Trottel (natürlich sehr liebevoll gemeint). Aber der Punkt ist: Ich verändere mich durch den Kinderwunsch.

Da denkt man jetzt vielleicht: Wow, A., tolle Erkenntnis. Aber ganz ehrlich, für mich war das irgendwie nicht so klar. Ich war mir immer ziemlich sicher, dass man das schon alles schafft, gerade weil man ist, wie man ist. Ich habe mir und Mann das von Anfang an zugetraut. Wir schaffen das, das geht bestimmt alles recht schnell, mein Körper ist robust, unsere Beziehung sehr stabil. Läuft. Bei. Uns.

Aber es ist nicht ganz so. Die Geduld ist die erste Sache, die ich dazu bekommen habe. Man hat gar keine andere Wahl, man muss einfach warten. Darauf, dass der Körper bereit ist, auf die Ergebnisse vom Bluttest, auf die Ärztin (sitzt eigentlich jeder in der Kiwu immer ne Stunde im Wartezimmer?). Ich kann also nicht bestimmen, wie schnell es geht und das ist für mich ein ziemlicher Schritt, dies zu akzeptieren und mich davon auch nicht stressen zu lassen. Aber es geht.

Das Zweite, was ich mir eingestehen muss ist, dass ich alles nicht so locker wegstecke, wie ich dachte. Ich habe die Stimulation der 1. ICSI sehr gut vertragen, keine Überstimu, dafür eine Eileiterschwangerschaft. Aber selbst die habe ich irgendwie ganz gut weggesteckt. Es sind eher die kleinen Dinge, die mich stutzig machen. Es ist Vorweihnachtszeit und ich mag irgendwie nicht so viel unter Leuten sein. Ich will nicht allen ins Gesicht grinsen, mir aber gleichzeitig denken, dass ich eigentlich nur so halb gut drauf bin wegen dem Thema, was mir die ganze Zeit im Kopf rumschwirrt. Das führt dazu, dass ich eigentlich nur mit Menschen zusammensein will, die über uns Bescheid wissen. Die können zumindest Ansatzweise unsere Situation verstehen und man kann auch über das Thema reden. Wenn ich dies tue, erwische ich dann doch immer mal die ein oder andere Träne in meinem Auge. Auch das habe ich nicht gedacht. Ich fühle mich immer sehr stark. Klar, ich heule auch wenn es nicht geklappt hat und ich hab auch im Krankenhaus an einem Abend einen kleinen Zusammenbruch gehabt. Aber das ist dann meist ein Mal und dann ist es abgeschlossen. Aber dieses Kinderwunschthema begleitet einen so permanent und emotional, ich muss mir eingestehen, dass da all die Stärke, die ich meine zu haben, nicht ausreicht.

Das Dritte, allerdings sehr Positive ist, dass der Mann und ich einen guten Weg gefunden haben, uns durch diese Zeit zu manövrieren. Nicht, dass ich daran gezweifelt hätte, im Gegenteil. Aber man weiß es ja eben nie. Es fühlt sich aber eher so an, dass unsere Beziehung noch liebevoller wird. Er macht sich sehr Sorgen um mich, ich versuche stark zu sein, wir wollen so viel wie möglich zusammen sein und reden viel über unsere Situation. Das ist wirklich schön und eine andere Art der Erkenntnis: So eine Situation kann einen auch zusammen schweißen. Weil nur der jeweils andere nachvollziehen kann, wie es einem momentan geht und was das bedeutet.

Was heißt das nun also alles? Ich verändere mich durch den Kinderwunsch. So. Ist das jetzt schlimm? Ich denke nicht. Wenn ich genau drüber nachdenke, ist das vielleicht sogar gut. Bisher fand ich Veränderung und Weiterentwicklung in meinem Leben eigentlich immer ganz gut. Durch die schwierigen Momente reift und lernt man. Und Lernen kann doch eigentlich nur gut sein.
Würde ich mir das so aussuchen, wenn ich könnte? Natürlich nicht. Ich würde nicht anfangen und sagen alles hat einen Sinn und ist doch super, dass wir das jetzt alles ertragen müssen, das macht uns nur stärker. Nein, so weit würde ich nicht gehen. Aber ich vertrete den Standpunkt, dass man, wenn es eben nun mal nicht anders geht, versuchen muss, etwas Positives daraus zu gewinnen. Sonst kann man es einfach nicht heil da raus schaffen. Und mit ganz viel Glück lernt man ein paar Dinge, die einen wachsen lassen. Ich will's mal hoffen.